Gegen das Vergessen - Projekt der Evangelische Schule Dettmannsdorf
Mit unserem Projekt „Jüdisches Leben in Rostock“ wollten wir uns auf Spurensuche begeben.
Eine Spur jüdischen Lebens fanden wir, als wir aufmerksam durch die Straßen Rostocks liefen.
Wir standen vor Denksteinen, auch bekannt als Stolpersteine, die in den Gehweg eingelassen wurden als Erinnerung an den Wohnsitz jüdischer Menschen. Darauf finden sich der Name, das Geburts- und Sterbedatum und der Ort, an dem sie gestorben sind. Auf den meisten Steinen fanden wir die Aufschrift: „Vergast in Auschwitz“ oder „Ermordet in Theresienstadt“.
Als sich im letzten Schuljahr 10 Schüler aus den jetzigen siebten Klassen für das Projekt entschieden, wussten sie noch nicht so genau, was sie erfahren und begreifen würden. Einiges war ihnen über das Judentum aus dem Religionsunterricht der 6. Klasse bekannt. Aber was genau den jüdischen Mitbürgern zwischen 1933 und 1945 angetan wurde, das überstieg ihre Vorstellungskraft.
Am ersten Tag des Projekts sprachen wir zunächst über jüdische Kultur und Religion, hörten uns jüdische Volkslieder an und aßen Mazzen-Brot. Dann beschäftigten wir uns mit der Zeit des Nationalsozialismus. Dass Mitmenschen aufgrund ihrer Herkunft und Religion systematisch verfolgt und vernichtet wurden, war für alle unbegreiflich. Es ist nur ein Menschenleben lang her, dass so ein grauenhafter Umgang mit anderen Menschen hier in diesem Land geschehen konnte.
Wir sahen uns auf dem jüdischen Friedhof die Grabsteine an und besuchten die Synagoge. Unser anschließender Besuch im Max-Samuel-Haus bestärkte uns in der Idee, wir wollen etwas tun, um unser Erinnern an den Holocaust (Vernichtung des jüdischen Volkes) auszudrücken. Damit war die Idee zur Denksteinverlegung geboren. Steffi Katschke vom Max-Samuel-Haus führte uns dann zum Schicksal Gustav Posners.
Als junger Praktikant war Gustav Posner nach seinem Medizinstudium an die Kinderklinik nach Rostock gekommen. Nachdem Hitler 1933 an die Macht gekommen war, erließ er sofort Gesetze, die jüdischen Menschen verboten, an Universitäten, Hochschulen oder als Beamte zu arbeiten. Damit begannen auch die Schikanen gegen jüdische Mitmenschen. So wurde Gustav Posner vom nationalsozialistischen Studentenbund immer wieder beleidigt, schikaniert und Lügen über ihn verbreitet. Diesen psychischen Druck und die Angst vor der Zukunft konnte er nicht ertragen.
Am 8. Juli 1933 beging er mit nur 27 Jahren Selbstmord.
Bei der Verlegung des Denksteins vor seinem Wohnhaus in der Koch-Gotha-Straße 9 stellte Emma Schmidt unser Projekt vor. Gemeinsam mit Julian Berg sangen Johanna Waydelin und Elsbeth Sielaff das jüdische Volkslied „Hine ma tov“. Lilly Kinder spielte das Lied auf ihrer Geige. Anschließend legte jeder von uns eine Rose auf den Stein, um unser Mitgefühl mit dem Schicksal der jüdischen Menschen auszudrücken.
Wir sind dankbar, dass seit dem 2. September Gustav Posner auf diesem Denkstein wieder in Erinnerung gebracht wird und hoffentlich viele Menschen dadurch auf sein Schicksal aufmerksam werden.
P.Skottki
"Wer sich nicht an die Vergangenheit erinnert, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen."
(George Santayana, Philosoph und Schriftsteller)
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